Landschaft mit Kurven

Methodische Zugänge Konversionsflächen zu entdecken

Konversionsflächen sind besondere Räume, auf denen sich Kirche selbst bekehrt. Um solches Terrain (neu) zu entdecken, braucht es passende Methoden. Am Hubland und Nordbahnviertel (Link: Nordbahnviertel) war es uns wichtig sowohl die Geschichten der Menschen als auch den wahrgenommenen Sozialraum zu erkunden und abzubilden. Hierfür bedienten wir uns an sozialgeographischen Methoden.

Orte begehen und Räume entdecken

Sozialgeographisch zu arbeiten bedeutet: Räume, Identitäten und Machtgefüge an einem Ort aufzudecken. Um einen begrenzten Sozialraum wie das Hubland und das Nordbahnviertel zu untersuchen, diente uns zunächst ein empirischer Klassiker: die Methode des begleitenden Spazierens – auch Shared Walk genannt. Die sozialkonstruierten Räume werden erst im Begehen der Orte ersichtlich. Die physische Erkundung des Feldes ist somit gewichtig.

Ausgestattet mit Videokameras und  ein paar gesprächsanregenden Fragen im Gepäck, begleiteten wir pastorale Akteur*innen und Menschen aus dem Viertel beim Spaziergang durch ihr Quartier. Dabei berichteten diese von ihren Begegnungen mit den Menschen vor Ort und erzählten uns von ihren Raumerfahrungen. Sich bewusst dem Raum und den damit verbundenen Geschichten anzunähern kann also jeder und jede. Nach unserer Erfahrung hilft es auch die Geländestreifzüge per Video festzuhalten, um Narrative und Spontaneindrücke zu sichern.

Möchte man den Streifzug intensivieren, reicht es schon, die Kamera-App am Handy zu öffnen und sich beim Einlassen auf den Umraum Orte und Gegenstände abzulichten. Es gibt keine Motivtabus. Alles, was den Raum und seine Geschichte(n) betrifft, kann mit der Linse eingefangen werden. Mit den Momentaufnahmen wird die Wandelbarkeit sozialer Wirklichkeit aufgenommen und diskursfähig. Die Motivjagd erhöht jedoch nicht nur die Lust am Erkunden, sondern erleichtert anschließende Reflexionen über das Erfahrene. Gerade beim Teilen der Erfahrungen mit anderen können neue Einsichten gewonnen werden.

Die Karten in unseren Köpfen abrufen

Um zu überprüfen, welche Raumwahrnehmungen gemacht werden, bietet sich die Methode des Mental Mapping an. Diese Methode hilft beim Reflektieren und Anbahnen von geographischem Denken. Einfach ausgedrückt wird versucht, die im Gehirn gespeicherte (kognitive) Karte eines Raumes zu visualisieren. Dies hat mehrere Vorteile. Beispielsweise werden so (nicht) wahrgenommene Bestandteile eines Raumes aufgedeckt. Zudem erleichtert die Methode das Sprechen über den Raum und seine Besonderheiten. Kurz: Für andere wird klar, was eine Person räumlich und narrativ von dem erkundeten Raum behalten hat. Um solche mentalen Karten kreieren zu können braucht es nur Stift und Papier. Daraus entsteht dann eine gezeichnete (mentale) Karte.

Alternativ lässt sich eine Mental Map auch bauen. So haben wir das Hublandgelände gemeinsam in einem schemenhaften Raummodell errichtet. Als Hilfsmittel diente uns der Ideenspender. Ein Schaukastenschrank auf Rollen, gefüllt mit verschiedenen Utensilien und Alltagsgegenständen. Dieser ist Bestandteil des Ideenlabors des ZDI im Tower am Hubland. Der Ideenspender ermöglichte es uns den wahrgenommenen Raum modellhaft als Gruppe zu visualisieren.

Statt in Schubladen zu denken, ging es darum, aus Schubladen zu denken. Mit Gegenständen und den damit verbundenen Assoziationen ist das Erstellen einer gemeinsamen, schemenhaften Konversionsfläche einfacher. Auffälligkeiten, Spezifika, Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden so schnell sichtbar. Weitere Vorteile sind: Kreativität kommt ins Spiel, Diskurse werden entfacht und Wahrnehmungen geteilt. Außerdem macht es eine Menge Spaß so den erkundeten Sozialraum abzubilden.

Was wichtig bleibt

Trotz aller Optionen bleibt es am Ende weniger eine Frage mit welchen Methoden man den Raum erkundet und nachbildet, sondern viel mehr, dass man offen und sensibel für den Sozialraum wird bzw. bleibt. Denn was bedeutsam für die Menschen im Quartier ist, lässt sich im Raum entdecken. Oder anders: Ohne Weitsicht für den Raum, kein Gespür für das, was die Menschen vor Ort von ihrer Kirche brauchen. Pastorale Präsenz gelingt also nur über eine Bewusstwerdung des Räumlichen. Kurz: Blickwechsel vornehmen und Fährten aufnehmen. Die raumsensiblen Methoden können dabei als Hilfsmittel dienen.

Autor*in

Lukas Moser

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