Trinitatiskapelle Würzburg

Kirche am Hubland

Kirche bekehrt sich auf pastoralem Neuland

Ein neuer Stadtteil entsteht

„Mit Weitblick leben“ ist der Slogan der Stadt Würzburg, mit dem sie ein neues Stadtviertel auf der Anhöhe des Hubland plant und baut. Und einen weiten Blick hat man tatsächlich, wenn man beispielsweise auf der Längsachse des ehemaligen Flugfelds steht und auf dem gegenüberliegenden Hügel die Festung Marienberg und gegenüber das Würzburger Käppele ausmachen kann.

Hier oben entsteht im Osten der Stadt auf dem Gelände der ehemaligen Leighton Barracks (auf dem Areal des ehemaligen US-Flugplatzes) ein neuer Stadtteil. Die Bezeichnung Hubland geht auf eine topographische Bezeichnung von Karten aus dem 18. Jahrhundert zurück, auf denen verschiedene Steinbrüche erwähnt sind. Die These, dass der  Name mit dem Aushub der Steinbrüche im Zusammenhang steht, ist allerdings nicht belegt.

Neben von der Universität oder dem Studentenwerk genutzten Gebäuden und Räumen entsteht in sieben neuen Quartieren ein vielfältiger Mix aus Miet- und Eigentumswohnungen, öffentlich geförderten Wohnungen, Eigenheimen, Wohnraum für Studierende, ein Senior*innenwohnstift aber auch großzügige Spiel-, Sport- und Erholungsflächen. Wohnraum für bis zu 4.500 Bürger soll auf dem Areal entstehen. Ein Großteil der Wohngebäude ist bereits bezogen, die übrigen befinden sich noch im Bau oder stehen kurz vor der Errichtung. 

Geplant sind Einrichtungen und Angebote für alle Altersgruppen. „Eng verzahnt mit dem Landschaftsraum und den umstehenden bestehenden Strukturen soll ein neuer lebendiger Stadtteil entstehen, der vielfältigen Raum für Wohnen, Arbeiten, Forschen, Studieren und Erholen bietet,“ ist im übergeordneten Leitbild für die Stadtteilentwicklung zu lesen. Auch auf Bürger*innenbeteiligung setzt die Stadt.

Kirche am Hubland auf dem Gartenschaugelände
Kirche am Hubland - Ideenlabor

„Trinitatis“ – ein Relikt von der Landesgartenschau?

Eher am Rand des Flugfelds befindet sich auf diesem Gebiet die ökumenische Wegkapelle Trinitatis (“Dreifaltigkeit”). Geplant und ausgeführt vom Architkturbüro Brückner & Brückner, sollte sie zunächst nur während der Landesgartenschau 2018 Ort der Begegnung und des Rückzugs sein. Unter anderem für diesen Raum erhielt das Architekturbüro den renomierten Architekturpreis „Best Architects 21 Award“.

Die Entscheidung fiel und die Kapelle blieb auch nach der Landesgartenschau und lässt seither manche*n Besucher*in rätseln, was sich hinter diesem Bau verbirgt. Mittlerweile ist sie unscheinbar und unaufdringlich die einzig „sichtbare“ Präsenz von Kirche am Hubland.

Wie ein dreiseitiges Zelt mit reflektierender Oberfläche lädt sie ein, sich auf einen spiralförmigen Weg ins Innere zu machen. Dabei spiegelt die Außenhaut je nach Blickwinkel die Umgebung, die Menschen, die sich auf diesen Weg machen, und auch viel Himmel wider. Diese Spiegelungen machen Welt und Umfeld noch einmal in einer besonderen Weise sichtbar, schaffen aber auch eine Verbindung zwischen Himmel und Erde. Innen wird der Blick sofort nach oben zu einer dreieckigen Öffnung gelenkt, durch die ebenfalls ein kleines Stück Himmel sichtbar ist. Durch die schlichten schall- und raumbegrenzende Wände und eine Sitzbank, die durchgängig von außen nach innen gezogen ist, kann sie zu einem guten Ort werden, zur Ruhe zu kommen, Stille zu finden und bei sich selbst anzukommen.

Die KHG als Akteurin in diesem neuen Feld

Die KHG (Katholische Hochschulgemeinde) Würzburg ist mit ihrem Aufgabenschwerpunkt Arbeit mit Studierenden und für Studierende schon länger am Hubland präsent. Hier befinden sich ein Teil der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) mit Bibliothek und Mensa aber auch Teile der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS). Und hier ist auch seit einer Zeit die KHG gemeinsam mit der ESG in Räumen der Uni zu Gast und Miete.

Zusätzlich zu diesem Arbeitsfeld haben zwei Kolleg*innen aus dem Team von der Diözese Würzburg den Auftrag bekommen, in einem gesonderten Projekt danach zu fragen, was es bedeuten könnte, in diesem neu entstehenden, sich entwickelnden und lebendigen Stadtteil auch als Kirche anders präsent zu sein. Aus der Hochschulseelsorge kommend sind wir immer wieder mit der Herausforderung konfrontiert, sprachliche und strukturelle Hürden und Barrieren abzubauen, die mit kirchlicher Präsenz verbunden werden.

Uns beschäftigt also als Kirche am Hubland die Frage, was es heißen könnte, nicht mit fertigen Konzepten zu kommen, sondern vom Raum her zu denken und auch vom Raum und den Menschen, die darin leben, zu lernen.

Himmelsspiegelung Kirche am Hubland

Was es heißen könnte, als Kirche auf diese Weise fragend unterwegs zu sein …

Für uns hieß das zunächst, dass wir uns für den Projektbeginn wissenschaftliche Begleitung suchen, um immer wieder neu Haltungen zu überdenken, theologisch zu fundieren und Schritte zu reflektieren.

Mit einem wissenschaftlichen Team um Prof. Dr. Christian Bauer (Professor für Pastoraltheologie an der Universität Münster) war hier schnell ein gutes Gegenüber gefunden. Es ist ein Experiment, das noch mitten in der Entwicklung steckt und sicher und hoffentlich nie beendet sein wird, da dieses „andere Unterwegssein“ eher mit einer Haltungsänderung zu tun hat. In unserem Projekt Kirche am Hubland machen wir also die grundsätzliche Erfahrung, dass es  weniger um passende Veranstaltungsformate geht, sondern um eine Haltungsänderung.

Uns wird als Suchende und Tastende deutlich,

  • dass wir als Kirche erst einmal lernen müssen, damit umzugehen, dass uns niemand braucht und wir auch nicht vermisst werden;
  • dass es uns gut täte bescheidener aufzutreten;
  • dass die Frage nach Haltung sich in einer fragenden Haltung widerspiegelt – ohne fertige Antworten – ohne feste Konzepte;
  • dass wir selbst als Suchende und Experimentierende unterwegs sind und nicht als Fachleute in Bezug auf gelingendes Leben – dass wir keine Perspektive von einer Meta-Ebene aus einnehmen, keine Sonder- oder privilegierte Stellung einnehmen, sondern mittendrin und selbst Teil des Ganzen sind;
  • dass wir als Kirche ohne „Baulast“ unterwegs sind, d.h. dass wir in keine eigenen Räume einladen oder diese zur Verfügung stellen können, sondern ohne festen Raum unterwegs sind – d.h. nicht (nur) Gastgeber*in sein, der oder die den Rahmen der Veranstaltung bestimmt sondern (auch) Gast – teilnehmend, Einladungen annehmend und einmal nicht mit dem “Hausrecht“ ausgestattet zu sein;
  • dass wir absichtslos da sein können, einfach so, einfach präsent – ohne vorgefasste Ideen davon, was passieren oder welches Ergebnis erzielt werden sollte, nahbar und offen für mögliche Begegnungen;
  • dass wir in diesen Begegnungen uns gegenseitig einander etwas von unserer Geschichte und unseren Geschichten erzählen.

Vielleicht wirken diese Punkte eher banal, und wer nach greifbaren Ergebnissen, Rezepten und einer hohen Wirksamkeit oder Sichtbarkeit sucht, wird eher enttäuscht werden. Und doch ist dieser Perspektivwechsel herausfordernder, als es auf den ersten Blick zu sein scheint.

Diese Haltung ist jedoch nicht gebunden an ein bestimmtes Projekt oder einen bestimmten Ort. Sie kann überall zum Tragen kommen, wo Kirche ihr sicheres Terrain verlässt und sich auf dieses Experiment einlässt.

Vernetzt sein ist alles

Wichtig wurden uns in unserem Suchprozess auch gute Vernetzungen.

Neben den inspirierenden Kontakten zum wissenschaftlichen Team, die auch noch über die Begleitungsphase hinausgehen, geschehen diese vor Ort mit den Teams der angrenzenden Gemeinden, mit ökumenischen Vernetzungspartner*innen, mit Einrichtungen und Institutionen der Stadt, mit Gesprächspartner*innen im Stadtteil, mit Menschen, die sich für das Projekt interessieren, und dann auch zufällig entstandenen Kontakten.

Darüber hinaus schätzen wir jedoch auch den Austausch mit anderen Projekten, die unter anderen Gegebenheiten mit den gleichen Fragen unterwegs sind und von denen hier auf der Homepage einige andere Orte sich vorstellen.

© 

Featured image: Stefan Weigand

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