In Mannheim befindet sich eine der größten städtebaulichen Konversionsflächen Deutschlands. Das Areal wurde früher von der US-Army als Kasernengelände, vor allem aber als Wohnsiedlung für Armeeangehörige und deren Familien genutzt. Nun entsteht auf der Großbaustelle des ehemaligen Benjamin-Franklin-Village ein modernes Wohnquartier für 10.000 Menschen. Was bedeutet das für die Kirchen?
Erkennbar präsent sein
Die evangelische und die katholische Kirche in Mannheim hatten sich zum Ziel gesetzt, von Beginn an auf diesem Konversionsgelände erkennbar und konfessionsübergreifend präsent zu sein. Es ging und geht darum, auf Menschen zuzugehen, sie zu begrüßen und ihre Anliegen wahrzunehmen. Davon ausgehend gilt es, mit ihnen auszuprobieren und herauszufinden, wie sich an diesem Ort Christsein gemeinsam leben lässt und welche Gestalt von Kirche sich entwickeln kann.
Grundsätzlich ökumenisch
Kirche auf Franklin ist grundsätzlich ökumenisch unterwegs. Die Überzeugung, dass es wichtig ist, bei so einem bedeutsamen städtebaulichen Projekt konfessionsübergreifend zusammenzuarbeiten, hat manche Detailfragen in den Hintergrund gedrängt. Basis der Zusammenarbeit waren in den ersten Jahren eher Absprachen und Vereinbarungen als ein detailliert ausgearbeiteter schriftlicher Projektplan. Gemeinsam Erfahrungen sammeln und gemeinsam agieren hatte für die Verantwortlichen beider Kirchen Vorrang vor konfessionellen Differenzierungen. Es zeigt sich, dass dies den Menschen auf Franklin sehr entspricht. Die Frage, wer welcher Konfession angehört, ist für deren Zugehörigkeitsgefühl und Engagement nicht relevant. Inzwischen hat sich auch eine Kooperation mit dem CVJM Mannheim entwickelt.
„Wir machen Kirche ohne Kirche“
Zwar gab und gibt es nach wie vor die von den Amerikanern hinterlassene Garnisonskirche auf dem Gelände, aber diese ist bislang nicht nutzbar. So war der erste Kirchort auf Franklin ein ausrangierter Bauwagen, das Geschenk eines Mannheimer Bauunternehmens. Er dient Kirche auf Franklin bis heute als Treffpunkt und als Aktionsmobil.
Auch wenn wir inzwischen zusätzlich ein ehemaliges Klassenzimmer in der früheren amerikanischen „Elementary School“ als multifunktionalen Kirchen-Raum nutzen, sind wir räumlich sehr beengt. Viele Aktionen und Gottesdienste finden deshalb openair statt. Das ist anstrengend und manchmal kompliziert, aber wir erleben: Kirche geht auch ohne Kirche(ngebäude). Kirche kann improvisieren.
Heilig Abend
Hinweisschild zur Kirche
Pioniergeist ist ansteckend
Eine große Chance für die Kirchen liegt darin, dass viele der neuen Bewohner*innen des Stadtteils einen deutlichen Pioniergeist spüren und leben. Der zeigt sich unter anderem in einer großen
Bereitschaft sich gemeinsam für etwas Neues zu engagieren. Dieser Spirit ist ansteckend und anziehend.
Heimat finden und Heimat gestalten
Zwei wesentliche Aufgaben haben sich für die Arbeit von „Kirche auf Franklin“ von Beginn an abgezeichnet und beschäftigen alle Beteiligten immer noch.
Zum einen die Initiierung und Etablierung erfahrbarer Gemeinschaftsform(en) von christlichem Zusammenleben im neuen Stadtteil. Eine Form von Kirche, die Heimat bietet. Eine Kirche, der die Menschen selbst das Gesicht geben können, das für sie und ihre Lebenssituation stimmig ist. Bislang sind es bislang überwiegend junge Menschen mit Kindern, die Angebote von Kirche auf Franklin initiieren und gestalten bzw. sie wahrnehmen. Das entspricht auch der Bevölkerungsstruktur im Stadtteil
Zum anderen die Klärung, wie die frühere Garnisonskirche als soziales Zentrum des Stadtteils gestaltet und genutzt werden kann. Das wollen wir nicht nur für uns selbst, sondern zusammen mit anderen Organisationen angehen, z.B. mit dem Eine-Welt-Forum Mannheim oder mit Duha e.V. einem muslimischen Sozialverband.
Unmittelbar verantwortlich für diese Prozesse sind der evangelische Pfarrer Bernd Brucksch, der katholische Pastoralreferent Richard Link und CVJM-Pionierin Rebecca Kehrberger.
