Raum sein – Raum geben – Kirche im urbanen Raum
Ob, und wenn ja wie können schrumpfende Kirchen in wachsenden Städten präsent und ansprechbar sein?
Es ist ein neues Stadtviertel, am Reißbrett entworfen, mit Wohnraum für um die 5.000 Menschen: Das Heiligkreuzviertel in Mainz. Auch eine Ladenzeile haben die Planer:innen vorgesehen. Zwischen Eisdiele und Supermarkt findet sich der kreuzpunkt | im Viertel.
Ein Ort der Kirche, aber keine klassische Kirche. Nicht mal ein Kreuz findet sich am oder im kreuzpunkt. Der Laden mit breiter Fensterfront erinnert eher an ein Café.
Er ist die Antwort des Bistum Mainz auf die Frage: Wie kann Kirche in diesem neuen Stadtviertel präsent sein. Lange wurde darüber zuvor in einer Arbeitsgruppe im katholischen Dekanat beraten, auch kontrovers.
Der Name des neuen Stadtteils erinnert an den christlichen Hintergrund. Bevor IBM das Gelände nutzte, später aufgab, um Platz für neue Wohnungen zu machen, stand hier ein Kloster. Das Heiligkreuzkloster.
Die Gründer sind Pfarrer Michael Tomaszewski und Gabriel Gessner (Caritas). Von August 2020 bis Juli 2023 war eine erste Projektphase. Diese wurde jetzt um weitere drei Jahre verlängert.
Was ist das Konzept hinter kreuzpunkt?
Es war klar, dass im neuen Stadtviertel ausschließlich Wohnungen und Einkaufsmöglichkeiten geben wird, aber kein Stadtteilbüro von Seiten der Stadt geplant ist.
Daher wollte die Arbeitsgruppe einen Ort für Begegnung schaffen, der flexibel von allen genutzt werden kann. Wir bieten einen „unverzweckten“ Raum zum Arbeiten, Treffen, Gestalten an und unterstützen beim Planen und Umsetzen.
So soll im neuen Stadtteil ein Kirchort neben der bestehen Territorialpfarrei entwickelt werden. Dabei ging es erst einmal um das Zuhören und Wahrnehmen der Bedürfnisse der Menschen vor Ort und keine vorgefertigten Lösungen zu präsentieren.
Das Projekt steht für ein notwendiges Umdenken in der Gesamtpastoral des Bistums. Die Überlegungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Konzeption des Pastoralen Weges im Dekanat Mainz-Stadt, die die Frage des Bischofs aufgreift: „Bekommen die Menschen, was sie brauchen? Brauchen sie, was sie bekommen?“
Das Projekt hat einen experimentellen wie auch exemplarischen Charakter. Denn ein starres, festgelegtes Konzept im klassischen Sinne gibt es nicht, es soll gemeinsam mit den Menschen vor Ort entwickelt werden. Wir verstehen uns als lernender Ort, der in Bewegung bleibt. Basis unseres Überlegungen ist die so genannte „Lebensraumorientierte Seelsorge“ (LOS), bei der sich am Konzept des Lebensraums und der Adressat:innen orientiert und gearbeitet wird.
Was passiert vor Ort?
Der Raum wird von den Bewohner:innen ganz vielfältig genutzt. Eltern haben mehrere „Eltern-Kind-Treffen“ eingerichtet, es gibt eine Yogagruppe, weitere Angebote für Familien wie ein Ersthilfekurs für Kind. Der Raum wird auch gerne für Familienfeiern genutzt. Das Spannende ist, dass die Bewohner:innen den Raum also zur Selbstverwirklichung entdeckt haben und auch entsprechend nutzen. Das passt zum Konzept des kreuzpunkt als Plattform. Daneben gibt es die Idee der Vernetzung mit den Gewerbetreibenden des Viertels. Außerdem möchten wir im Sinne einer „urbanen Intervention“ ins Viertel hineinwirken, zum Beispiel mit spirituellen Angeboten.
Wie sind die Reaktionen?
Die Bewohner:innen sehen den kreuzpunkt als innovatives Angebot und erleben Kirche hier in einem sehr positiven Licht. Sie schätzen, den kreuzpunkt für die Möglichkeiten sich dort einzubringen. Er ist ein Ort, der das Viertel bereichert.
Wie geht es weiter?
Das Viertel wächst weiter. Aktuell entsteht vor dem kreuzpunkt ein Begegnungsplatz mit Grünflächen und Wasserspielen. Neben den laufenden Angeboten sind wir vor Ort und im Viertel präsent, hören zu und sind gespannt, wie es sich entwickelt.